"Jenseits von Afrika". An diesen Film kann ich mich noch gut erinnern. An die fantastische Landschaft, die wilden Tiere, die aufregenden Menschen - ich war fasziniert. Und nun durfte auch ich Gast auf diesem ganz besonderen Kontinent sein. Südamerika, Namibia, Botswana, Simbabwe, Sambia, Tansania, Kenia und Marokko: Diese Länder und insgesamt weitere 6.900 aufregende Kilometer lagen vor mir.
Start in Kapstadt: Linksverkehr und Zitronenfelder
Schon in Capetown, der südafrikanischen Stadt mit dem berühmten Tafelberg, spürte ich das Flair des für mich völlig neuen Kontinentes. Die Einheimischen waren mir gegenüber aufgeschlossen, freundlich und hilfsbereit. Ich gönnte mir drei Tage Pause direkt am Meer. Dann ging es los in Richtung Norden. Aber gleich auf den ersten Kilometern spürte ich sprichwörtlich hautnah, dass mir der Verkehr nicht ähnlich gut gesinnt war wie die Menschen. Es herrschte nämlich Linksverkehr. Eine enorme Umstellung, die mir in den nächsten Tagen ganz viel abverlangte. Auf meiner Fahrt zur Namibischen Grenze musste ich mich voll auf den Verkehr und die neuen Regeln konzentrieren. Trotzdem entging mir die überwältigende Landschaft nicht. Ich passierte riesige Getreidefelder oder Zitronenplantagen und überall entlang meiner Route verkauften die Menschen Früchte, Getreide und allerlei selbst hergestellte, einfache Dinge. Vorerst war es noch flach, aber je weiter ich Richtung Norden kam, desto mehr Berge musste ich bewältigen. Die Nächte im Zelt waren kühl und die Tage nicht allzu heiß. Kein Wunder, denn hier in Afrika herrschte gerade Winter.
Namibia begrüßte mich mit einer tollen Straße. Es machte riesige Freude, bei wenig Verkehr und gutem Belag, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in die Pedale zu treten. Absolut top: Etwa alle 20 km gab es einen schönen und vor allem sauberen Rastplatz mit Tischen, Bänken und schattenspendendem Sonnenschutz. Auf solchen Plätzen stellte ich jede Nacht mein Zelt auf. In Namibia begegneten mir auch die ersten "Afrika Tiere". Immer wieder querten Affen, Warzenschweine und Springböcke die Straße und ich sah meine ersten Giraffen in freier Wildbahn.
Kalahari: Berühmt und herausfordernd
Durch Botswana verläuft in Querrichtung der Trans Kalahari Highway. Dieser ist nicht nur berühmt, sondern stellte für mich eine enorme Herausforderung dar. Zwar nicht unbedingt körperlich - es ist annähernd nur flach in Botswana - aber psychisch kam ich ganz schön an meine Grenzen. Tagelang ging es nur kerzengerade aus und ich wurde ständig von den hier lebenden Löwen gewarnt. Vor allem meine Nächte im Zelt waren nicht sehr erholsam. Die Spuren, auf die ich jeweils in der Früh rund um meine Behausung traf, haben nicht gerade zu meiner Beruhigung beigetragen. Ich war den Einheimischen dankbar, die mir nicht nur Wasser anboten, sondern auch ein geschütztes Nachtlanger. Einige Gewässer waren zwar vorhanden, aber aufgrund der Krokodile verzichtete ich dann doch auf den Einsatz meines Wasserfilters. Trotz der etwas eintönig wirkenden Landschaft war es für mich etwas ganz Besonderes, mit meinem Rad durch diese Savanne mit ihren Akazienbäumen, Dornensträuchern und Sanddünen zu fahren. Nicht viele können von sich behaupten, durch die größte zusammenhängende Sandfläche der Erde geradelt zu sein.
Simbabwe und Sambia: Schäumendes Wasser und meine ersten "echten" Elefanten!
Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und es gab Situationen, da lief es mir kalt den Rücken hinunter. Etwa wenn ich mit meiner kleinen Drohne den riesigen Zebra Herden in Simbabwe hinterher flog. Es dröhnte und staubte wie bei einem herannahenden Erdbeben. Oder als ich vor den gigantischen "Victoria Falls" stand und die tosende Gischt tief hinunter in die Schluchten stürzte. Im Sambesi Nationalpark hatte ich mitten in einer Elefantenherde einen platten Reifen und musste unmittelbar neben diesen faszinierenden Riesen den Schlauch wechseln. Ich kam mir klein und verletzlich vor, aber diese Ungetüme mit ihren gewaltigen Stoßzähnen waren mir gegenüber friedlich gesinnt.
Die Dörfer, durch die ich kam, bestanden meist nur aus einigen wenigen Stroh- oder einfachen Ziegelbauten. Die Einwohner machten einen armen, aber zufriedenen Eindruck und vor allem die Kinder freuten sich über die Abwechslung durch einen weißen Radfahrer mit modernster Ausrüstung und bunter Bekleidung. Gewöhnungsbedürftig war das Essen, denn ich orientierte mich nach regionalen Produkten und nicht immer habe ich nachgefragt, was ich da eigentlich serviert bekomme.
Unfreiwillige Zwangspause
Seit meinem ersten Kilometer in Afrika hatte ich Wetterglück. Es regnete nie, war in der Nacht und am Morgen zwar kühl, aber dann während des Tages immer warm. Hingegen war der Wind nicht auf meiner Seite. Meist blies er mit voller Kraft von vorne oder der Seite und hinderte mich beim Vorankommen. Hinein nach Tansania wurde die Straße derart katastrophal, dass ich täglich mit Reifenpannen zu kämpfen hatte. Und dann war es soweit: Irgendwann konnte ich meine Schläuche nicht mehr flicken und auch meine Reifen waren abgefahren und nicht mehr zu gebrauchen. Aber nicht nur das. Es gab auch weit und breit nirgendwo etwas Passendes zu kaufen. Also musste ich mich ein weiteres Mal an einen meiner Ausrüster wenden. Und ich konnte mich auf Schwalbe verlassen. Nach einigen Tagen erhielt ich aus Deutschland nagelneue Reifen und genügend Reserve Schläuche. Ausgeruht und nun wieder bestens ausgerüstet, konnte ich den letzten Afrika Teil in Angriff nehmen.
Herausforderungen und faszinierende Begegnungen: Tansania und Kenia
Die Verständigungsmöglichkeiten sanken in Tansania nahezu auf "0", denn hier sprachen alle nur Suaheli. Mit niemanden konnte ich mich auf Englisch unterhalten. Es war schwierig, etwas Vernünftiges zum Essen zu bekommen und ich musste mich fast ausschließlich mit Hühnersuppe, Chips, Keksen und Schokolade zufriedengeben. Immer weniger traute ich mich, mein Zelt allzu weit entfernt von der Straße aufzustellen. Zu groß war die Gefahr, von Wildtieren überrascht zu werden. Wie gewaltig und überwältigend die Tierwelt Afrikas ist, konnte ich immer wieder hautnah miterleben. Es gelang mir, einige tolle Aufnahmen von Elefanten, Giraffen und sogar Löwen zu machen. Die schlechten Straßen, die fehlenden Seitenstreifen und der LKW Verkehr stellten für mich eine enorme Herausforderung dar. Mehrfach entging ich nur mit viel Glück einem Unfall. Immer wieder gönnte ich mir aber auch Erholungszeit in einer der typischen Lodges. Und Tag für Tag kämpfte ich mich durch die teils unendlich scheinende Savanne immer weiter Richtung Norden.
Wieder ein großes Zwischenziel erreicht: Nairobi
Die letzten beiden Tage hinein nach Nairobi waren der "verkehrstechnische Horror". Und ich erwischte gerade die Zeit der ausufernden politischen Demonstrationen gegen den aktuellen kenianischen Präsidenten, der eine massive Steuererhöhung plant. Überall traf ich auf enorme Polizei- und Militärpräsenz und ich war heilfroh, dass mein Hotel etwas südlich des Stadtzentrums lag. Ich hatte es tatsächlich geschafft. Der nächste große Abschnitt von Kapstadt bis nach Nairobi lag hinter mir. Seit meinem Start in Alaska etwas mehr als 24.800 Kilometer und 105.600 Höhenmeter bergauf. Das bedeutete 1.399 Stunden reine Radfahrt - Pausen nicht mit eingerechnet.
Ich war müde. Körperlich und auch psychisch. Aber auch glücklich und ein wenig stolz auf meine bisherige Reise.