Angekommen!
Angekommen!
„Long Way Home – mit dem Fahrrad von Alaska nach Österreich“ ist Wirklichkeit geworden...
Abschnitt 9

"Geschafft!"

Solo mit dem Fahrrad von Alaska nach Österreich

Auf den letzten 1.500 km durch Deutschland und Österreich "schlugen in meiner Brust 2 Herzen". Einerseits war ich nun bereits ein wenig müde und ausgelaugt von den Anstrengungen der letzten Monate und freute mich auf meine Familie zu Hause, andererseits hatte ich Angst, wie es mir wohl ergehen würde. Ohne dem mittlerweile eingespielten Tagesablauf, dem Radfahren und den unendlich vielen Eindrücken. Aber jedes noch so schöne Abenteuer geht einmal zu Ende.

Meine persönlichen Besuche bei ROSE und bei ORTLIEB in Deutschland waren mir wichtig. Mein Fahrrad Ausrüster und jener für die wasserdichten Gepäcktaschen trugen ebenso zum Erfolg meiner so langen Reise bei, wie auch SCHWALBE mit den so wichtigen Reifen und Schläuchen. Da ich ja alle Besuche mit dem Fahrrad machte und zudem noch weitere Treffen in den Redaktionen diverser Radmagazine hatte, musste ich einige Umwege fahren und der Kilometerzähler in Deutschland wurde noch einmal deutlich nach oben verschoben.

Nach fast 14 Monaten auf dem Fahrrad und 34 durchradelten Ländern, war es dann endlich so weit: Ich wechselte von Deutschland nach Österreich, meinem Heimatland und zugleich letzten Abschnitt. Ich verspürte Freude und Traurigkeit zugleich. Das absolute Highlight auf den letzten 150 km war der Zwischenstopp bei LÖFFLER in Ried im Innkreis. Dort wurde ich nicht nur familiär und äußerst wertschätzend von vielen Mitarbeitern empfangen, sondern mir wurde auch noch eine Spende in der Höhe von 1.000,00 Euro übergeben - für den Verein RollOn Austria. Welche Freude! Den Abschluss fand ich dann in Innsbruck bei meiner Werbeagentur comdesign.net welche mich auf der ganzen Reise betreute und schon viele Vorbereitungen für die kommenden Veranstaltungen plant.

Alles geht einmal zu Ende!

Freitag, 28.10.2024: Der letzte Tag meines großen Abenteuers. Noch einmal machten meine Oberschenkel auf dem Fahrrad jene Bewegungen, die sie in den letzten Monaten viele hunderttausende Male so gemacht hatten. Noch einmal genoss ich den frischen Herbstwind in meinem Gesicht. Und nach genau 429 Tagen durfte ich meine Familie wieder in die Arme schließen. Gesund und unverletzt. Und mit ganz vielen Erlebnissen im Gepäck. Erlebnissen, die ich jetzt erst nach und nach realisieren werde.

Was ich aber jetzt schon realisiere, sind die gewaltigen Zahlen, auf die ich stolz zurückblicken kann:

429 Tage
4 Kontinente
35 Länder
32.250 Kilometer
137.450 Höhenmeter

DANKE, dass ich so etwas mache durfte!


Und noch ein wichtiger Hinweis:
Informationen über mein neues Buch und über die geplanten Multivision Präsentationen folgen in Kürze!

Abschnitt 8

"Afrika Finale"

Bevor es zurück in meinen Heimatkontinent Europa ging, lag zum Abschluss Afrikas noch ein besonderes Land vor mir: Marokko!

Und dieses Land verlangte mir nochmals ganz schön was ab. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es auf meinen bisherigen Radreisen jemals derart heiß gewesen ist und ich ständig so Durst gelitten habe. Die Tage in Marokko waren mit 40 Grad im Schatten nicht nur temperaturmäßig eine Herausforderung, sondern auch hinsichtlich der vielen Berge. Ich musste Unmengen an Wasser mit mir führen, um mein ständiges Durstgefühl auch nur ansatzweise zu mindern. Das Atlas Gebirge verlangte von meinen Beinen Höchstarbeit und in den Abschnitten durch die Wüste war eine starke Psyche gefragt. Aber mit jeder Pedal Umdrehung kam ich dem Norden Marokkos und der Straße von Gibraltar näher - und somit auch dem Festland von Europa.

Zurück in Europa

Nach genau einem Jahr war es endlich soweit: Von Tanger in Marokko ging es mit der Fähre auf der Straße von Gibraltar nach Tarifa in Spanien. Erstmals setzte ich wieder meine Füße auf europäisches Festland.

Spanien zeigte sich mir von seiner schönsten Seite. Eine Landschaft mit riesigen Oliven Plantagen, weitläufigen Weizenfeldern, Wäldern und vielen kleinen, oft verschlafen wirkenden Örtchen. Ich hatte bis auf wenige Stunden Regen Wetterglück. Es war warm, aber nicht allzu heiß und die Nächte im Zelt angenehm kühl. Spanien mit dem Fahrrad ist anspruchsvoll. Ich musste über mehrere Pässe und es gab nur wenige flache Abschnitte. Ich spürte, dass Radfahrer in diesem Land zum Alltag gehören. Täglich begegneten mir viele Rennradfahrer und jeglicher Autoverkehr war mir gegenüber rücksichtsvoll. 1.300 km waren es vom Süden Spaniens bis in den Norden nach Santander. Und zusätzlich einige schweißtreibenden Höhenmeter bergauf.

Linksverkehr im Nieselregen

In Santander wechselte ich abermals auf eine Fähre, um nach Portsmouth im Vereinigten Königreich zu gelangen. Ich hatte in den letzten Wochen Wetterglück. Also durfte ich mich nicht darüber beklagen, dass ich in den ersten Tagen durch den Süden Englands oft bei Nieselregen fahren musste. Es war kühl, windig und die Tage am Rad nicht besonders gemütlich. Aber auch hier hatte ich insgesamt kein allzu großes Pech mit dem Wetter. Hingegen hieß es, sich abermals an den Linksverkehr zu gewöhnen. Dieses Mal ging es mir besser, weil ich meine Erfahrungen aus Afrika nützen konnte. Gefährliche Situationen blieben zum Glück aus. Ich radelte Umwege, damit ich einige "Must see" bestaunen konnte. Stonehenge oder London - die Umwege zahlten sich tatsächlich aus. Zelten im Freien erwies sich in diesem Land erstmals als deutlich schwieriger. Ich wurde mehrfach aufgefordert, mein Zelt wieder abzubauen, nur um es dann einige hundert Meter weiter versteckt wieder aufzustellen.

"EU: Ich komme"

Als ich Richtung Ostküste Englands radelte, spürte ich erstmals wieder ein wenig Heimatgefühl. Denn nun war es nur mehr ein "Sprung mit der Fähre". In wenigen Tagen würde ich wieder in der EU sein. Die Niederlande warteten auf mich.

 

Abschnitt 7

Eine andere Welt: Afrika!

"Jenseits von Afrika". An diesen Film kann ich mich noch gut erinnern. An die fantastische Landschaft, die wilden Tiere, die aufregenden Menschen - ich war fasziniert. Und nun durfte auch ich Gast auf diesem ganz besonderen Kontinent sein. Südamerika, Namibia, Botswana, Simbabwe, Sambia, Tansania, Kenia und Marokko: Diese Länder und insgesamt weitere 6.900 aufregende Kilometer lagen vor mir.

Start in Kapstadt: Linksverkehr und Zitronenfelder

Schon in Capetown, der südafrikanischen Stadt mit dem berühmten Tafelberg, spürte ich das Flair des für mich völlig neuen Kontinentes. Die Einheimischen waren mir gegenüber aufgeschlossen, freundlich und hilfsbereit. Ich gönnte mir drei Tage Pause direkt am Meer. Dann ging es los in Richtung Norden. Aber gleich auf den ersten Kilometern spürte ich sprichwörtlich hautnah, dass mir der Verkehr nicht ähnlich gut gesinnt war wie die Menschen. Es herrschte nämlich Linksverkehr. Eine enorme Umstellung, die mir in den nächsten Tagen ganz viel abverlangte. Auf meiner Fahrt zur Namibischen Grenze musste ich mich voll auf den Verkehr und die neuen Regeln konzentrieren. Trotzdem entging mir die überwältigende Landschaft nicht. Ich passierte riesige Getreidefelder oder Zitronenplantagen und überall entlang meiner Route verkauften die Menschen Früchte, Getreide und allerlei selbst hergestellte, einfache Dinge. Vorerst war es noch flach, aber je weiter ich Richtung Norden kam, desto mehr Berge musste ich bewältigen. Die Nächte im Zelt waren kühl und die Tage nicht allzu heiß. Kein Wunder, denn hier in Afrika herrschte gerade Winter.

Namibia begrüßte mich mit einer tollen Straße. Es machte riesige Freude, bei wenig Verkehr und gutem Belag, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in die Pedale zu treten. Absolut top: Etwa alle 20 km gab es einen schönen und vor allem sauberen Rastplatz mit Tischen, Bänken und schattenspendendem Sonnenschutz. Auf solchen Plätzen stellte ich jede Nacht mein Zelt auf. In Namibia begegneten mir auch die ersten "Afrika Tiere". Immer wieder querten Affen, Warzenschweine und Springböcke die Straße und ich sah meine ersten Giraffen in freier Wildbahn.

Kalahari: Berühmt und herausfordernd

Durch Botswana verläuft in Querrichtung der Trans Kalahari Highway. Dieser ist nicht nur berühmt, sondern stellte für mich eine enorme Herausforderung dar. Zwar nicht unbedingt körperlich - es ist annähernd nur flach in Botswana - aber psychisch kam ich ganz schön an meine Grenzen. Tagelang ging es nur kerzengerade aus und ich wurde ständig von den hier lebenden Löwen gewarnt. Vor allem meine Nächte im Zelt waren nicht sehr erholsam. Die Spuren, auf die ich jeweils in der Früh rund um meine Behausung traf, haben nicht gerade zu meiner Beruhigung beigetragen. Ich war den Einheimischen dankbar, die mir nicht nur Wasser anboten, sondern auch ein geschütztes Nachtlanger. Einige Gewässer waren zwar vorhanden, aber aufgrund der Krokodile verzichtete ich dann doch auf den Einsatz meines Wasserfilters. Trotz der etwas eintönig wirkenden Landschaft war es für mich etwas ganz Besonderes, mit meinem Rad durch diese Savanne mit ihren Akazienbäumen, Dornensträuchern und Sanddünen zu fahren. Nicht viele können von sich behaupten, durch die größte zusammenhängende Sandfläche der Erde geradelt zu sein.

Simbabwe und Sambia: Schäumendes Wasser und meine ersten "echten" Elefanten!

Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und es gab Situationen, da lief es mir kalt den Rücken hinunter. Etwa wenn ich mit meiner kleinen Drohne den riesigen Zebra Herden in Simbabwe hinterher flog. Es dröhnte und staubte wie bei einem herannahenden Erdbeben. Oder als ich vor den gigantischen "Victoria Falls" stand und die tosende Gischt tief hinunter in die Schluchten stürzte. Im Sambesi Nationalpark hatte ich mitten in einer Elefantenherde einen platten Reifen und musste unmittelbar neben diesen faszinierenden Riesen den Schlauch wechseln. Ich kam mir klein und verletzlich vor, aber diese Ungetüme mit ihren gewaltigen Stoßzähnen waren mir gegenüber friedlich gesinnt.
Die Dörfer, durch die ich kam, bestanden meist nur aus einigen wenigen Stroh- oder einfachen Ziegelbauten. Die Einwohner machten einen armen, aber zufriedenen Eindruck und vor allem die Kinder freuten sich über die Abwechslung durch einen weißen Radfahrer mit modernster Ausrüstung und bunter Bekleidung. Gewöhnungsbedürftig war das Essen, denn ich orientierte mich nach regionalen Produkten und nicht immer habe ich nachgefragt, was ich da eigentlich serviert bekomme.

Unfreiwillige Zwangspause

Seit meinem ersten Kilometer in Afrika hatte ich Wetterglück. Es regnete nie, war in der Nacht und am Morgen zwar kühl, aber dann während des Tages immer warm. Hingegen war der Wind nicht auf meiner Seite. Meist blies er mit voller Kraft von vorne oder der Seite und hinderte mich beim Vorankommen. Hinein nach Tansania wurde die Straße derart katastrophal, dass ich täglich mit Reifenpannen zu kämpfen hatte. Und dann war es soweit: Irgendwann konnte ich meine Schläuche nicht mehr flicken und auch meine Reifen waren abgefahren und nicht mehr zu gebrauchen. Aber nicht nur das. Es gab auch weit und breit nirgendwo etwas Passendes zu kaufen. Also musste ich mich ein weiteres Mal an einen meiner Ausrüster wenden. Und ich konnte mich auf Schwalbe verlassen. Nach einigen Tagen erhielt ich aus Deutschland nagelneue Reifen und genügend Reserve Schläuche. Ausgeruht und nun wieder bestens ausgerüstet, konnte ich den letzten Afrika Teil in Angriff nehmen.

Herausforderungen und faszinierende Begegnungen: Tansania und Kenia

Die Verständigungsmöglichkeiten sanken in Tansania nahezu auf "0", denn hier sprachen alle nur Suaheli. Mit niemanden konnte ich mich auf Englisch unterhalten. Es war schwierig, etwas Vernünftiges zum Essen zu bekommen und ich musste mich fast ausschließlich mit Hühnersuppe, Chips, Keksen und Schokolade zufriedengeben. Immer weniger traute ich mich, mein Zelt allzu weit entfernt von der Straße aufzustellen. Zu groß war die Gefahr, von Wildtieren überrascht zu werden. Wie gewaltig und überwältigend die Tierwelt Afrikas ist, konnte ich immer wieder hautnah miterleben. Es gelang mir, einige tolle Aufnahmen von Elefanten, Giraffen und sogar Löwen zu machen. Die schlechten Straßen, die fehlenden Seitenstreifen und der LKW Verkehr stellten für mich eine enorme Herausforderung dar. Mehrfach entging ich nur mit viel Glück einem Unfall. Immer wieder gönnte ich mir aber auch Erholungszeit in einer der typischen Lodges. Und Tag für Tag kämpfte ich mich durch die teils unendlich scheinende Savanne immer weiter Richtung Norden.

Wieder ein großes Zwischenziel erreicht: Nairobi

Die letzten beiden Tage hinein nach Nairobi waren der "verkehrstechnische Horror". Und ich erwischte gerade die Zeit der ausufernden politischen Demonstrationen gegen den aktuellen kenianischen Präsidenten, der eine massive Steuererhöhung plant. Überall traf ich auf enorme Polizei- und Militärpräsenz und ich war heilfroh, dass mein Hotel etwas südlich des Stadtzentrums lag. Ich hatte es tatsächlich geschafft. Der nächste große Abschnitt von Kapstadt bis nach Nairobi lag hinter mir. Seit meinem Start in Alaska etwas mehr als 24.800 Kilometer und 105.600 Höhenmeter bergauf. Das bedeutete 1.399 Stunden reine Radfahrt - Pausen nicht mit eingerechnet.
Ich war müde. Körperlich und auch psychisch. Aber auch glücklich und ein wenig stolz auf meine bisherige Reise.

Abschnitt 6

Durchatmen, Aufsitzen und dann quer durch Südamerika (Teil 2)

Die Pampas: Im Hinterland von Argentinien und Paraguay

"Einsam, langweilig, abgelegen". So etwa würde man das Wort Pampa ins Deutsche übersetzen. Und tatsächlich ist die argentinische Pampa schier unendlich weit. Das stundenlange nur geradeaus dahin radeln, ohne Kurve und ohne jegliche Erhebung, war vor allem eine psychische Herausforderung. Aber langweilig? Nein, ganz im Gegenteil: Grün so weit das Auge reicht, Grassteppen, unterschiedlichste Baumarten, Kakteen und immer wieder Ackerland mit seinem für diese Landschaft so typischen Löss. Ich konnte viele verschiedene Vogelarten beobachten, wilde Esel, kleine Nager und mehrfach huschte sogar ein Pampa Fuchs über die Straße. Faszinierend waren auch die riesigen Schaf- und Rinderherden, bewacht von den Gauchos auf ihren speziell dafür geeigneten Pferden oder die vielen, einem Iglu ähnlichem Ziegelöfen, in denen Kohle hergestellt wird.

Etwa 900 Kilometer radelte ich durch den Norden Argentiniens. In den Provinzen Jujuy, Salta und Formosa erwischte ich eine brütend heiße Zeit mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit. Alles, das ich trank, schwitzte ich in kürzester Zeit wieder heraus. Gleich nach Resistencia, im Osten Argentiniens, bog ich Richtung Norden ab. Ich folgte solange dem Rio Paraguay, bis mich eine Brücke direkt hinein nach Asuncion führte. Asuncion ist die Hauptstadt Paraguays, einem Land mit subtropischen Wäldern und einer Mischung zwischen Savanne und Buschlandschaft, auch Chaco genannt.
Zwischen Asuncion, der im Westen liegenden Hauptstadt Paraguays und Ciudad del Este, ganz im Osten, ist die einzige direkte Verbindung eine mehrspurige, stark befahrene Schnellstraße.
In nur wenigen Tagen "flog" ich auf dem dortigen Seitenstreifen Richtung Brasilianische Grenze. Dabei half mir ein ganz besonderer Freund: Der Rückenwind! Er schob mich durch das hügelige Hinterland Paraguays und ersparte dadurch meinen Oberschenkeln einiges an Arbeit. Über 50 % der Fläche Paraguays wird landwirtschaftlich genützt und ich radelte daher nahezu nur durch fruchtbares Agrarland. Aber ich konnte die Schönheit der Landschaft nicht richtig genießen, denn ich musste mich höllisch auf den Verkehr konzentrieren. Immer wieder brausten riesige Trucks derart knapp an mir vorbei, dass mich deren gewaltige Luftwirbel fast vom Rad rissen. Die Nächte in meinem Zelt waren nicht besonders erholsam, denn auch in der Nacht kühlte es nicht ab. Außerdem bekam ich immer wieder "Besuch" von kleinen Affen, Wildschweinen und einigen Leguanen. In nur vier Tagen durchquerte ich so Paraguay.

Tosendes Wasser und die Farbe "Grün": Durch das fruchtbare Agrarland Brasilien
Unmittelbar nach dem Grenzübertritt, begrüßte mich Brasilien mit einem besonderen Leckerbissen. Dem zum Weltkulturerbe gehörenden Iguazú Nationalpark mit seinen berühmten Wasserfällen. Mich erwartete ein fantastisches Naturschauspiel: 20 mindestens 60 Meter hohe und mehr als 200 kleinere Wasserfälle, stürzen in diesem Park tosend in die Tiefe. Wie tausende Besucher aus aller Welt stand auch ich staunend vor diesem wunderschönen Schauspiel. Die Natur entfesselt hier ihre volle Gewalt und ließ mich und mein Fahrrad klein und zerbrechlich wirken.

Auf meinem weiteren Weg Richtung Ostküste Brasiliens war die Farbe "grün" mein ständiger Begleiter. Gigantische Getreidefelder, schier unendlich groß scheinende Wiesen und dazwischen immer wieder riesige Waldgebiete, soweit mein Auge reicht. Täglich passierte ich mehrfach gewaltig Fabriken mit ihren Silber glänzenden Silos, in denen das Getreide, hauptsächlich Mais, verarbeitet wird. Brasilien ist weltweit das drittgrößte Maisanbaugebiet.
Dort, wo ich durch dichte Waldgebiete radelte, entdeckte ich Holzverarbeitungsbetriebe, dann wieder fuhr ich an monströs wirkenden Maschinen vorbei, die auf den Feldern die Ernte einfahren. Es gibt Plantagen mit Orangen, Café oder Sojabohnen. Und an unzähligen Straßenecken flechten Frauen in bunten Gewändern das übrig gebliebene Stroh zu Körben, Hüten oder kleinen Figuren. Es wird Obst und Gemüse angeboten und direkt neben den Autokolonnen Likör und Schnaps gebrannt. Das Hinterland ist äußerst hügelig und täglich musste ich mit meinem schwer bepackten Rad über mehrere hohe Hügel klettern. Etwas südlich der Millionenstadt Sao Paulo erreichte ich die Ostküste Brasiliens.

Wunderschön, aber auch sehr bergig: Die Ostküste
Die restlichen etwa 700 km bis nach Rio hatte ich an meiner rechten Seite ständig das blaue Meer mit seinen märchenhaften Buchten und schneeweißen Stränden. Es wurde touristischer und damit in den Orten auch ein deutlich hektischer, als ich es bisher gewohnt war. Die Küstenstraße war anspruchsvoll und es ging ständig auf und ab. Einige Anstiege hatten es wirklich in sich, was meinem bereits etwas müden Körper und Geist ganz schön forderte.

Je weiter nördlich ich kam, desto quirliger wurde das Leben in den kleinen Städten und entlang der Strände. Vorbei an tausenden bunten Sonnenschirmen, Verkaufsbuden mit frischen Kokosnüssen und braungebrannten, fröhlichen Menschen, radelte ich genussvoll in den Tag hinein. Je näher ich der berühmten Copacabana kam, desto schöner wurde der Radweg. Streckenweise verläuft er brückenartig hoch oberhalb des Meeres und dann wieder parallel zum Strand oder zwischen den Dünen hindurch. Das Radfahren entlang der Copacabana war ein ganz spezielles Erlebnis. Noch nie habe ich ein so pulsierendes, ausgelassenes Leben gesehen. Einzigartig!

Rio de Janeiro: Ein großes Zwischenziel ist geschafft!
Und dann sah ich sie plötzlich: Jene Christus Statue, mit ihren weit ausgebreiteten Armen, für die Rio neben seinem außergewöhnlichen Karneval so weltberühmt ist. Dort, direkt am Fuße der Statue, hoch oben auf einem Berg, liegt mein großes Zwischenziel. Ich musste noch einmal all meine letzten Kräfte mobilisieren, um mein Bike auf der unendlich steilen Straße hoch zu bekommen. Aber dann hatte ich es geschafft. Es schien so, als ob mich die Statue zur Begrüßung umarmen würde. Als ob sie wissen würde, wie weit und anstrengend mein Weg von Alaska bis hier her gewesen ist!

 

Abschnitt 5

Ein neuer Kontinent 
Südamerika (Teil 1)

Die Pause in Panama City hat mir gut getan. Regenerieren, Abschalten und geistig Vorbereiten auf den nächsten großen Abschnitt:
 Südamerika.

Vor meiner Weiterreise musste ich in den Flieger steigen. Eine Fahrt von Panama auf dem Landweg über die Grenze nach Südamerika wäre mit dem Fahrrad viel zu gefährlich gewesen. Die örtliche Polizei hat mir eindringlich davon abgeraten, die mindestens 500 km durch den Dschungel zu riskieren. Also ging es auf dem Luftweg nach Lima.

Tosender Pazifik, Steinwüste und Sandsturm:
Peru Die Fahrt hinaus aus dem Millionen Moloch Lima, der Hauptstadt Perus, war ein einziger Spießrutenlauf. Straßen mit riesigen Schlaglöchern, enormer Verkehr, Lärm und die totale Hektik haben mir den Schweiß auf die Stirn getrieben. Aber so etwas kannte ich ja schon aus Mittelamerika. Südlich von Lima verlief die berühmte Panamericana abwechselnd parallel zum Pazifik, oder hinein ins Landesinnere. Das Radeln neben dem tiefblaue Meer mit meterhohen Wellen und gewaltiger Brandung war trotz des ständigen starken Seitenwindes faszinierend. Wenn der Highway in das Landesinnere abgezweigte, änderte sich das Bild völlig. Die Strecke über Ica nach Nazca hatte es in sich. Steinwüste, Felsen oder Sand, so weit das Auge reicht. Es ging ständig bergauf und wieder hinunter in weitläufige Täler. Und dann geriet ich auch noch in meinen ersten gefährlichen Sandsturm. Während ich die geheimnisvoll wirkenden, gewaltigen Figuren in der Wüste Nazcas bewunderte, die zum Weltkulturerbe gehören, verdunkelte sich urplötzlich der Himmel. Innerhalb weniger Minuten ist das Chaos los gebrochen und ein höllischer Sturm peitschte die kleinen, spitzen Sandkörner vor sich her. Die einzige Rettung für mich war ein großer Truck, neben dem ich Schutz suchen konnte. Richtung Arequipa begannen die ersten, viele Kilometer langen Anstiege. Meine Beine mussten Schwerarbeit leisten. Die Ausläufer der Anden ließen grüßen. Alpakas, saftiges Jochplateau und viel Schweiß. Je höher ich hinauf kam, desto grüner wurde es. Die Anstiege mit meinem schwer bepackten Rad gingen ganz schön an die Substanz. Aber hoch oben, auf über 4.500 m, eröffnete sich für mich das Paradis. Die Natur rund um den riesigen Titicaca-See, das höchst gelegene, schiffbare Gewässer der Welt, war an Einzigartigkeit fast nicht zu überbieten. Während ich am südöstlichen Ende des Sees nach Bolivien wechselte, kam ich vom Staunen nicht mehr heraus. Die saftgrünen Hochplateaus mit tausenden Alpakas, die schneebedeckten Berggipfel und die unzähligen glasklaren Bächlein, gaben mir das Gefühl, dass ich mitten durch den "Radfahrerhimmel" pedaliere. Aber die Luft dort oben war dünn und das Radfahren äußerst anstrengend. In La Paz, wo eine österreichische Firma mehrere Gondelbahnen direkt über die Millionenstadt gebaut hat, legte ich 10 Tage Pause.

Atacama Wüste und "Wahnsinn" Anden
Nach der Pause düste ich 3.000 Höhenmeter vom bolivianischen Hochplateau bergab, überquerte die chilenische Grenze und radelte direkt hinein in die Wüste. Von der Atacama habe ich schon vieles gehört und darüber gelesen. Plötzlich war ich "ein Teil" von ihr. Das Radeln in der Wüste war faszinierend und anstrengend zu gleich. Unheimlich trocken, unglaublich weitläufig und einsam. Kilometer für Kilometer spulte ich herunter und oft zählte ich zur Abwechslung einfach Straßenmarkierungen, Strommasten oder besondere Steinformationen. Ich hatte viel Durst, wenig Hunger und kämpfte täglich mit dem Wind. Und es ging ganz schön bergauf - auch in der Wüste. Wüsten Radeln ist und bleibt etwas Besonderes für mich. Und dann stand ich vor meiner bisher schwersten Aufgabe: Um nach Argentinien zu gelangen, musste ich die Anden überqueren. Von Meereshöhe hinauf auf 5.000 Meter. Aber nicht direkt, denn das wäre ja zu einfach gewesen. Ein Berg um den anderen, dann wieder Täler und anschließend alles von Anfang. Über Calama, San Pedro de Atacama und dem Paso de Jama ging es tief hinein in die Anden. Auch der erste Abschnitt in Argentinien war noch geprägt von diesem gewaltigen Gebirge. Ich schuftete fast bis zum Umfallen und einige Male verzweifelte ich. Die steilen Anstiege, der Wind, Hagel und andere Wetterkapriolen setzten mir schwer zu. Die Überquerung der Anden war das Härteste, das ich in meinem "Radreise Leben" bisher gemacht habe. Und ich gebe zu: Es hat mich an meine physischen und psychischen Grenzen Gebracht.  

"Buenos Dias Argentina"...
...er war lang, der Weg zu Dir" (Anmerkung: Text aus einem Song von Udo Jürgens anlässlich der Fußball WM 1978 in Argentinien). Aber dann hatte ich es geschafft: Ich bin durch die Atacama Wüste geradelt, habe die Anden überquert und bin in Argentinien gelandet. Trotz der Mühen und der Schufterei und meines derzeitigen moralischen Tiefpunktes, bin ich stolz auf mich. Jetzt heißt es "wieder auf die Beine kommen". Denn es ist noch weit bis nach Hause!

Abschnitt 4

Mittelamerika

Unbekannte Länder
Kanada und nahezu alle Staaten der USA durfte ich anlässlich meiner größeren Radabenteuer bereits kennenlernen. Aber Mittelamerika? Dort bin ich noch nie gewesen. Zwar habe ich mich bei meinen Vorbereitungen zu Hause ein wenig schlau gemacht und so einiges gelesen über die Kulturen, Sehenswürdigkeiten, die Tierwelt und die Menschen. Aber ich hatte trotzdem nur wenig Ahnung, was mich da alles erwarten würde. Ich kann es vorweg nehmen: Die Landschaften sind schön und die Menschen freundlich, aber dieser Teil der USA und ich sind nicht die besten Freunde geworden.
 
Kulturschock
Der Startpunkt zu meiner Mittelamerika Durchquerung war Cancún im Nordosten von México. Von dort sollte es immer Richtung Süden gehen. 8 Staaten, ca 2.800 km, mit Ziel Panama City. Aber bereits nach den ersten Kilometern war ich geschockt. Müll, soweit das Auge reicht, katastrophal schlechte Straßen und ein Verkehr, offensichtlich ohne jegliche Verkehrsregelung. Die Menschen machten einen verarmten Eindruck, hielten sich auf der Straße auf, kochten dort, verkauften Obst, Gemüse oder Fisch in Ständen aus Stroh und Kinder spielten paar fuß  mitten auf den schmutzigen Straßen. Es stank und ständig liefen mir streunende Hunde nach. Durch ganz México konnte ich nur dem Highway folgen, rechts und links davon dichtester Wald. Das Meer erblickte ich vorerst überhaupt nicht, weil alle Zugänge ausschließlich nur über bewachte Hotels möglich waren. Englisch konnte oder wollte niemand sprechen und mein Glück war es, dass ich zu Hause ein klein wenig Spanisch gelernt habe. Ich hatte nur zwei Möglichkeiten: Weiterhin in Schockstarre verfallen oder mich umstellen und auf die neuen Länder mit allen ihren Sitten einlassen. Schlussendlich entschied ich mich für Variante zwei. Ich versuchte es zumindest.
 
8 völlig neue Länder
México, Belize, Guatemala, Honduras, Nicaragua, El Salvador, Costa Rica und Panama: Großteils ähnelten sie sich alle. Es gibt aber zwei große Ausnahmen. Im Positiven: Belize. Dort waren die Menschen besonders nett und alle haben englisch gesprochen, da es sich um eine englische Kolonie handelt. Und im negativen Sinn? El Salvador. Das war der absolute Tiefpunkt, denn hier war es nur noch gefährlich und meine Psyche wurde vollends ausgelastet. Natürlich gab es auch schöne Abschnitte in den 8 Staaten, in denen die Landschaften faszinierend waren und auch mal die Straßen und der Verkehr passten. Aber des war sehr selten und zusammengefasst muss ich leider sagen: Mittelamerika ist für einen Radreisenden gefährlich, psychisch hoch belastend und laut meiner (natürlich subjektiven) Meinung nicht geeignet. Was noch hinzugekommen
ist: Während die Raubtiere in Alaska noch halbwegs einschätzbar waren, ist die Tierwelt hier in der Mitte von Amerika mit ihren gefährlichen Schlangen, den riesigen Krabbeltieren oder Krokodilen, für das freie Campen eine Sache für sich. Ich habe mich oft sehr unwohl gefühlt.
Auch wenn ich auf Weltreise bin und ich da hinsichtlich Komfort und Hygiene sicher Abstriche machen muss, so waren die Zustände in den letzten Wochen oftmals mehr als grausig. Ich war riesig erleichtert, als ich die letzten Kilometer von Mittelamerika abgeradelt hatte.
 
Weihnachtspause in Panama City
Nach knapp über 10.000 km bin ich also nun in Panama City angekommen.
Die letzten Wochen waren nicht nur körperlich, sondern vor allem psychisch eine große Belastung. Ich brauche nun unbedingt eine Pause.
Da passt es super, dass ich hier in Panama City bin, von wo ich dann weitere nach Südamerika fliegen will. Ich werde also etwa 10 Tage Pause machen, das bisher erlebte verarbeiten und die Zeit zum Regenerieren nützen. Aber auch zum Vorbereiten auf meinen nächsten großen Teil: Südamerika. Ich freue mich auf ein Paket von Silvia, das nicht nur einiges an Ersatzmaterial enthält, sondern auch ein wenig Heimatgefühl…
 

Abschnitt 3

Von San Francisco nach Los Angeles

Gemeinsame Reise
Nach 2 Monaten alleine Radeln entlang der US-Westküste und einigen harten, aber auch vielen schönen Erfahrungen, durfte ich am 01.10.23 endlich Silvia am Flughafen von San Francisco abholen. Die Einsamkeit war zumindest für die nächsten 3 Wochen vorbei.

Startpunkt „Goldene Brücke“
Wer in San Francisco ist, kommt an der Golden Gate Bridge nicht vorbei. Auch wir sind hoch geradelt zu einem der schönen Aussichtspunkte und haben die obligatorischen Fotos gemacht - bei beginnender Abenddämmerung und schönstem wolkenlosem Himmel. Wir hatten nicht viel Zeit, um uns die große Weltstadt näher anzuschauen. Das was wir gesehen haben hat uns gefallen, aber der absolute Wahnsinn waren (und sind) die Preise für das normale Leben. Seit Corona angeblich um über 100 % gestiegen. Diese Tatsache sollte uns in den nächsten 3 Wochen noch ständig verfolgen.
Wir hatten vor, von hier aus vorerst ein Stück der Westküste nach Süden zu radeln, dann Richtung Osten abzubiegen und im Landesinneren zum Yosemite NP. Dann sollte es über dem Tioga Pass und durch das Death Valley nach Las Vegas gehen. 1.050 km mit einigen kräfteraubenden Höhenmetern. Aber bereits nach den ersten 2 Tagen Radfahren mussten wir umplanen. Der Verkehr und der Streckenverlauf machten uns einen Strich durch die Rechnung. Ich hatte ja bereits einiges erlebt und war „angepasst“. Aber trotzdem wurde es auch mir zuviel und wir haben dann gemeinsam beschlossen, eine andere Route zu fahren und uns mehr Zeit zu lassen.


Neues Ziel: Disneyland in Los Angeles.
Für uns war nun klar, dass wir einfach weiter nach Süden radeln wollten. Entlang der berühmten Westküste Kaliforniens bis nach Los Angeles. Und gleich zu Beginn der neuen Route spürten wir, dass unsere Entscheidung richtig gewesen ist. Vor allem Silvia war deutlich entspannter. Heute muss ich zugeben: Meine Erstplanung war falsch und ich hätte ihr da zu viel zugemutet. Aber auch jetzt mussten wir uns ganz schön abmühen. Die Strecke über Half Moon Bay nach Santa Cruz war toll, aber alles andere als leicht. Immer der wunderschönen Küste entlang, der Pazifik rechts von uns, ging es ständig bergauf und bergab. Ich bewunderte meinen Schatz, wie sie brav und tapfer mit strampelte, obwohl sie nur einen Bruchteil meiner Trainings Km in den Beinen hatte. Die ersten Nächte verbrachten wir auf schönen Campgrounds in unserem Zelt.
Kurz vor Monterey wurde uns mitgeteilt, dass die Strecke ab Big Sur wegen mehrerer Unwetter aktuell gesperrt sei. Also hieß es nochmals eine Alternative suchen. Wir bogen bei Salinas Richtung Osten in das Landesinnere ab und eine Woche lang mussten wir auf den Anblick des Meeres verzichten. Dafür entdeckten wir andere Schön- und Eigenheiten der dortigen Landschaft. Wir radelten im Hinterland entlang von riesigen Erdbeerfeldern und Weinanbaugebieten, aber auch durch karges Land mit unendlich großen grauen Flächen. Der Verkehr war nur mehr mäßig, aber auch die Orte mit Nachschubmöglichkeiten wurden weniger. Wir hatten Wetterglück: Täglich Sonne und Wärme. Überall begleitete uns das Thema Halloween und es gab Kürbisanbau in Massen. Knapp 100 km lang waren unsere Tagesetappen, „versüßt“ mit einigen Höhenmetern. So ging es über King City, San Miguel und El Paso Robles bis nach San Luis Obispo, alles Gebiete mit spürbarem mexikanischem Einfluss.
Campingplätze waren hier nur wenige vorhanden, wir bevorzugten daher lieber Motels. Dann verließen wir das Hochplateau und radelten hinunter nach Pismo Beach, wo wir wieder auf den tiefblauen Atlantik trafen. Sogar Wale bekamen wir wieder zu sehen.

Auf dem Highway 1 nach Los Angeles
Der berühmte Highway verläuft zwischen Pismo Beach und Santa Barbara nicht immer am Meer entlang. Immer wieder wechselten wir hinein ins Landesinnere und weiterhin machten wir viele Höhenmeter. Santa Monica, Santa Barbara, Carpinteria - hier spürten wir überall den touristischen Einfluss. Der Verkehr nahm wieder zu und das Radfahren war ab Beginn der Stadtgrenze von Los Angeles nicht mehr fein. So entschlossen wir uns, die Räder für 2 Tage abzustellen und stattdessen einen vollen Tag im Disneyland zu verbringen. Hier im Original wurde alles geboten, was das Kinder(und Erwachsenen)herz begeht. Es war zwar „sauteuer“, aber wir hatten unseren Spaß.

Letzte Station Las Vegas
Las Vegas erreichten wir mit einem Mietauto. Ich weiß nicht genau wieso: Aber wir waren beide nicht besonders begeistert davon. Diese hochgezüchtete Stadt in der Wüste bietet zwar „Zauber pur“, aber es ist für uns eine reine Scheinwelt mit überteuerten Preisen, Massen von Menschen und ganz viel Nepp und Abzocke. Silvia und ich sind da aber vielleicht auch ein wenig eigen. Nach 3 Wochen muss Silvia zurück. Ich kann nur meinen Hut vor ihr heben. Sie hat sich super gehalten. Ich bin Stolz darauf, so eine Partnerin zu haben.

Alleine zum Ziel von Nordamerika
Von Las Vegas bis nach Phoenix in Arizona sind es 550 km. Diese haben es aber in sich. Es ist reines Wüstengebiet, aber gepflastert mit vielen Bergen und Plateaus. Ich muss ganz schön kämpfen, um an mein Nordamerika Ziel anzukommen. Aber nach 5 Tagen habe ich es dann doch geschafft. Phoenix ist das Ende meines ersten großen Abschnittes: Canada und Nord USA sind angeradelt. Jetzt wartet Mittelamerika auf mich.

Abschnitt 2

USA Westküste

Routenänderung und enormes Glück im Unglück

Auf den Alaska Highway kann ich mit Stolz zurückblicken. Aber er war ein hartes Stück Arbeit. Nicht nur für meine Beine, sondern auch für meine Psyche. Trotzdem habe ich beides gut geschafft und sogar die nahezu täglichen Begegnungen mit vielen faszinierenden Raubtieren sind alle gut ausgegangen. Der ALCAN hat gehalten, was er versprochen hat: Naturgewalt, Einsamkeit, Weite und eine einzigartige Tierwelt! In den 2 Tagen Pause hieß es für mich dann Umplanen. Die ausgedehnten Feuersbrünste in Canada ließen eine Weiterfahrt auf dem Fahrrad nicht zu. Einerseits waren viele Straßen komplett gesperrt oder zumindest für Zweiradfahrer tabu. Ohne Muskelkraft ging es daher nach Vancouver. Erst von dort aus, war eine Weiterfahrt mit meinem Gravel Bike möglich.

„US 101“: Immer weiter Richtung Süden
Mein nächstes großes Ziel hiess San Francisco. Dafür hatte ich 14 Tage Zeit. Spätestens am 01.10.23 musste ich dort am Flughafen sein. Genau an diesem Tag würde Silvia nachkommen, damit wir dann die nächsten 3 Wochen gemeinsam verbringen und Radeln können. Das hieß für mich, richtig Gas geben, denn es waren nicht nur gute 1.500 km abzuspulen, sondern täglich mehrere kleinere und größere Berge zu erklimmen. Die Westküste ist keineswegs flach, sondern es geht ständig bergauf und bergab. Zudem muss man immer mit starken Winden rechnen - eh klar: Meist hatte ich natürlich Gegenwind. Und was für einen!
Washington und Oregon zeigten sich von der schönsten Seite. Der Pazifik leuchtete tiefblau, bizarre Felsformationen und Schluchten mit tosendem Wasser wechselten sich mit dunklen, geheimnisvoll wirkenden Waldpassagen ab. Die Menschen waren mir gegenüber freundlich und hilfsbereit. In den Stateparks mit Campgrounds gibt es eigene Plätze, die sich „Hike & Bike“ nennen und nur für Radfahrer und Wanderer reserviert sind. Dort ist immer Platz für einen müden Abenteurer und zudem gibt es einen Sonderpreis. Im Gegensatz zum Hohen Norden hatte ich auch keinerlei Probleme mit Nachschubmöglichkeiten. Einzig an 2 Tagen war aufgrund von Starkregen und Sturmböen ein Weiterkommen unmöglich. 

Crash!
Kurz vor der kalifornischen Grenze passierte es: Nach einem fürchterlichen Schlag und ohrenbetäubendem Krach landete ich im Straßengraben. Ich wusste sofort, dass mich jemand angefahren hatte. Und dieser jemand war ein großer Truck. Er touchierte mich genau an der hinteren linken Seite meines Bikes, was mir vermutlich das Leben rettete. Denn dort wirkten die Packtaschen wie Airbags. Aber der Rackpack und beide Seitentaschen wurden zerfetzt und der Inhalt verteilte sich auf der Fahrbahn. Mein Bike wurde einige Meter mitgeschleift, ich aber hatte riesen Glück und kam nicht unter die Räder des Ungetüms. Der Lenker hielt es nicht für angebracht stehen zu bleiben und mir zu helfen. Erst der nächste Truck hielt nach einer Vollbremsung an, kümmerte sich um mich und um mein auf der Straße verteiltes Material, nahm mich mit in die nächste größere Stadt und half mir auch noch bei der Suche nach einem Motel. Das Fazit des Unfalles: Leichte Schäden an meinem Bike, 3 zerstörte Taschen und mir taten sämtliche Knochen weh, vor allem aber das linke Handgelenk. Trotzdem muss ich sagen: Grosses Glück im Unglück gehabt! Wieder einmal war ein Schutzengel zur Stelle…

Wieder Umplanen
Mein Bike musste zur Inspektion in ein gutes Radgeschäft und ich benötigte einige Ruhetage, da mit meinem lädierten Handgelenkt ein Weiterfahren nicht möglich war. Auch fehlten mir ja 3 Radtaschen, ohne die ich einen Teil meines Materials nicht transportieren konnte. Somit musste ich wieder einmal komplett umplanen, mir ein Mietauto besorgen und den restlichen Weg bis San Francisco im Auto zurücklegen. Nicht gerade das, was ich mir vorgestellt habe. Zwischenzeitlich organisierte mein Sponsor ORTLIEB neue Radtaschen für mich und schickte diese in die USA. Und meine liebe Silvia packte zu Hause noch andere Dinge zusammen, die sie mir dann mit nach San Francisco nahm.

01.10.2023: San Francisco
Ab diesem Datum hatte ich endlich meine lang ersehnte Begleitung. Silvia kam mit großem Gepäck, eigenem Bike und Ersatzteilen nach SF, der Weltstadt mit der berühmten, orange-braunen Hängebrücke. Ich freute mich riesig. Nicht nur über meine Frau selbst, sondern auch darüber, zumindest 3 Wochen nicht mehr alleine radeln zu müssen. Und Silvia war auch für meine schon etwas angeschlagene Psyche wie „Balsam auf der Seele“. Der nächste Abschnitt meiner Reise stand also kurz bevor…
 

Alaska Highway:

Unendliche Weiten und „bärige“ Abenteuer

Abschnitt 1

So! Der erste Abschnitt meiner großen Reise ist geschafft: Die Strecke von Fairbanks in Alaska bis Dawson Creek in British Columbia. Dazwischen lagen nicht nur knapp 2.530 Radkilometer mit 19.600 Höhenmetern, sondern auch atemberaubende Landschaften und viele direkte Begegnungen mit Bären. Auf einem der berühmtesten Highways der Welt: Dem „ALCAN“.

Etwas später als geplant bin ich am 16.08.2023 in Fairbanks in Alaska auf mein Bike gestiegen. Verspätet deshalb, weil das Rad eine zusätzliche Weltreise im Flugzeug absolviert hat. Ohne mich.

Die nächsten dreieinhalb Wochen durfte ich auf dem „silbernen Band“, dem Alaska Highway, radeln, das sich eindrucksvoll durch Flachgebiete, Täler, Schluchten und Berge von Alaska, Yukon und Britisch Columbia schlängelt. Aber dieses silberne Band blieb nicht immer märchenhaft silber. Oft änderte es seine Farbe und schlängelte nicht mehr sanft dahin, sondern stieg wild in Richtung Himmel und wieder zurück. Und das mehrfach. So als wollte mich der Asphalt mit meinem Rad abschütteln und mir zeigen: Hier gehöre ich eigentlich nicht hin. Das Abschütteln gelang nicht, stattdessen wurden das silberne Band und ich sogar Freunde.

Die ersten Tage hatte ich schwer zu kämpfen mit meinem Gepäck, das ich ja auf meiner gesamten Reise selber mit transportiere. 35 kg (ohne Rad und ohne Verpflegung) mussten erst in Bewegung gehalten werden. Ich habe „ausgemistet“ und so mindestens 3 kg Gewicht eingespart. Das ist nicht viel, aber zumindest psychisch hat es gewirkt. Gut, dass die ersten 500 km eher flach durch die eindrucksvolle Natur führten. Unendlich lange gerade Abschnitte wechselten mit leicht hügeligem Auf und Ab. Gerade richtig zum „Einradeln“.

Die Natur hat mir aber bereits in der ersten Nacht gezeigt, dass ich hier nur Gast bin. Der Besuch eines Schwarzbären bei meinem Zelt, war das erste Zusammentreffen mit dieser Art Raubtier. Und es sollten noch viele weitere dazu kommen. In den darauffolgenden Tagen traf ich immer wieder auf eines dieser faszinierenden Tiere. Meist frassen sie unmittelbar neben dem Highway das satte grüne Gras. Oder sie kamen in der Früh zu meinem Zelt und beschnupperten dieses. Vorsorglich habe ich ausnahmslos mein Gepäck immer weit weg vom Zelt gelagert und auch niemals im oder in der Nähe des Zeltes gekocht oder gegessen. In den dreieinhalb Wochen hatte ich mehr als 20 Bärenbegegnungen und nur eine einzige Situation war sehr gefährlich. Als ein großer Grizzlybär direkt auf mich zukam und ich mein Bärenspray einsetzen musste. Ich traf auf Bärenfamilien, kleine und große Bären, Braunbären und Grizzlys. Immer habe ich mich so verhalten, wie sich ein Gast im Bärenland eben verhalten sollte. Wir haben uns gegenseitig respektiert - vor allem ich die Bären.

Die Tage vergingen rasch. Radfahren - Essen - Schlafen. Das Radfahren war durchwegs anspruchsvoll. Je mehr Tage ich am Weg war, desto bergiger wurde es. Es kamen täglich mindestens 1.000 Höhenmeter zu meinen etwa
120 Tageskilometern. Das klingt jetzt nicht so viel, aber das Gepäck hat mich oft schwer zurückgehalten. Der Alaska Highway windet sich durch die verschiedensten Landschaftsbilder. Es gibt ausgedehnte Waldgebiete, unendlich scheinende Hügellandschaften, tiefe Schluchten mit kleinen Bächen und großen Flüssen. Aber auch riesige Bergketten mit fantastischen Fernsichten, allen voran die Rocky Montains. Neben der körperlichen Anstrengung war der Highway vor allem eine psychische Herausforderung, denn oft war das silberne Band 50 oder mehr km im Voraus einsehbar.

Sehr anspruchsvoll war die Vorausplanung hinsichtlich Verpflegung. Es gibt nur wenige größere Orte entlang des ALCAN und die Tankstellen, wo es etwas zum Einkaufen gibt, liegen durchschnittlich 150 km weit auseinander. Nicht selten hatte aber eine dieser eingeplanten Fixpunkte geschlossen und mir mussten Trucker oder auch mal Touristen aus der Klemme helfen. Ich kam nie in eine wirklich brenzlige Situation, weil irgendwer immer wieder mal angehalten hat,um mir Wasser oder eine Schokolade zu geben.
Genächtigt habe ich fast ausschließlich im Zelt und nicht immer hat mein Tag bei einem Campground geendet, sondern ich habe meine Unterkunft unmittelbar neben dem Highway aufgestellt. Nur an meinen Pausentagen nützte ich ein Motel, um mal zu regenerieren, Wäsche zu waschen und mein Bike zu pflegen.

Auf mein Material konnte ich mich ausnahmslos voll verlassen. Wenn Du in so einer Einsamkeit ein Problem mit diesem hast, dann wird es schlimm. 
Mein ROSE Gravelbike musste bisher schon so einiges aushalten, denn der Strassenbelag auf dem Alaska Highway hat es wirklich in sich. Auch die ultimative Herausforderung für die Bereifung. SCHWALBE lässt grüßen. Die Radtaschen von ORTLIEB haben, wie auf allen meinen bisherigen großen Touren, bei Wind, Regen und Staub komplett dicht gehalten. Und ich brauche nicht zu erwähnen, dass eine top Bekleidung mehr als wichtig ist hier im Outback. Danke LÖFFLER - alles bestens!

Während ich in die Pedale trete, muss aber auch im Hintergrund so einiges erledigt werden. Damit möglichst viele Rad- und Abenteuerbegeisterte meine Reise mitverfolgen können, arbeiten Alexander und Kalina von comdesign.net an meiner Homepage und auf den Social Media Kanälen.
Meine wichtigste Stütze aber ist meine liebe Silvia, die still und leise von zu Hause aus so vieles organisiert und mich dadurch sehr entlastet. 
Mein Kontakt zur ihr ist für mich Motivation pur und unendlich wichtig. Ohne ihre Unterstützung  wäre dieses Abenteuer sicher nicht möglich.

Und wie geht es nun weiter?
Ich muss ein wenig umplanen. Aufgrund der vielen ausgedehnten Wildfire in BC sind einige Straßen gesperrt oder man darf sie nicht mit dem Motorrad oder dem Fahrrad befahren. Jetzt heißt es flexibel sein und in den nächsten Tagen zu planen, wie ich Richtung Einreise in die USA weiter komme.

Aber Umplanen werde ich auf meiner Weltreise sicher noch oft müssen ….